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dpa-AFX: ROUNDUP/Forscher bei UN-Klimakonferenz: Neue Werte zeigen Handlungsbedarf

BONN (dpa-AFX) - Neue Daten zur Klima-Krise zeichnen ein düsteres Bild: Die
vom Menschen verursachte Erderwärmung erreichte nach einer am Donnerstag bei der
UN-Klimakonferenz in Bonn vorgestellten Studie im Jahrzehnt von 2013 bis 2022
bereits ein Plus von 1,14 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau.
Für den Zeitraum von 2010 bis 2019 lag der Wert demnach noch bei 1,07 Grad.
Mittlerweile nehme die Erwärmung mit einer Geschwindigkeit von über 0,2 Grad pro
Jahrzehnt zu, warnen die Wissenschaftler. Für das Jahr 2022 gehen sie im
Fachblatt "Earth System Science Data" von einem Plus von 1,26 Grad seit der
vorindustriellen Zeit aus.

In der Folge sei eine Verschärfung vieler Wetter- und Klimaextreme zu
beobachten, insbesondere häufigere und intensivere Hitzeextreme und
Starkniederschläge in den meisten Regionen der Welt. "Eine rasche und strikte
Verringerung der Treibhausgasemissionen könnte jedoch die Erwärmungsraten in den
nächsten 20 Jahren halbieren", so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Die aktuellen Daten zeigten, dass sich der Anstieg der globalen
Treibhausgasemissionen bereits etwas verlangsamt habe.

Zu wichtigen Klimaindikatoren soll es dem 50-köpfigen Team zufolge künftig
jährlich aktualisierte Werte nach Vorbild der Methodik des Weltklimarats (IPCC)
geben. Dies sei ergänzend zu Auswertungen anderer Institutionen wie der
Weltwetterbehörde (WMO) zu sehen, deren jährliche Daten sich meist nur auf das
Vorjahr konzentrierten und die auf etwas anderen Datensätzen und Analysen
beruhten.

Maßgebliche Quelle für wissenschaftliche Informationen zum Zustand des
Klimas bleibe der IPCC, bei dem die Bearbeitungszeit für Bewertungen aber fünf
bis zehn Jahre betrage. Diese Informationslücke solle mit rascher aktualisierten
Angaben gefüllt werden, heißt es in einer Mitteilung der federführenden
University of Leeds. Über die Plattform "Indicators of Global Climate Change"
solle es künftig jedes Jahr aktuelle Angaben zu den wichtigsten Klimaindikatoren
geben.

"Wir müssen unsere Politik und unsere Ansätze im Licht neuester Erkenntnisse
über den Zustand des Klimasystems ändern", sagt Projekt-Koordinator Piers
Forster. "Die Zeit ist nicht mehr auf unserer Seite. Der Zugang zu aktuellen
Informationen ist von entscheidender Bedeutung." Derzeit reichen den Experten
zufolge weder Tempo noch Umfang der Klimamaßnahmen aus, um die Eskalation
klimabedingter Risiken zu begrenzen.

Das verbleibende Kohlenstoffbudget - die Menge Kohlendioxid, die ausgestoßen
werden kann, um die globale Erwärmung noch mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr
als 50 Prozent auf 1,5 Grad begrenzen zu können - hat sich der vorgestellten
Analyse zufolge innerhalb von drei Jahren halbiert. Im Jahr 2020 betrug das
verbleibende Kohlenstoffbudget nach Berechnungen des IPCC demnach etwa 500
Gigatonnen Kohlendioxid. Anfang 2023 seien es mit rund 250 Gigatonnen
Kohlendioxid nur noch halb so viel gewesen.

Die UN-Klimakonferenz in Bonn bereitet die Weltklimakonferenz in Dubai Ende
des Jahres vor. Dort soll es auch eine Bestandsaufnahme der Fortschritte bei der
Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen
Zeit geben. Dieses Ziel gilt angesichts der bisherigen Klimaschutzbemühungen als
zunehmend unrealistisch.

Gerade erst hatte die US-Klimabehörde NOAA Rekordwerte für CO2 in der
Atmosphäre an ihrer Messstation auf Hawaii verkündet. So sei der
Durchschnittswert für Mai 2023 der höchste jemals erfasste Monatswert gewesen.
Demnach wurde eine CO2-Konzentration von 424,0 ppm (Teilchen CO2 pro Millionen
Teilchen) gemessen, rund 3 ppm mehr als im Vorjahresmonat. Die Werte sind im Mai
generell besonders hoch. Das CO2-Level sei nun um 50 Prozent höher als vor
Beginn des Industriezeitalters, so die Behörde.

"Jedes Jahr sehen wir, dass der Kohlendioxidgehalt in unserer Atmosphäre
steigt, als direkte Folge menschlichen Handelns", sagte Behördenleiter Rick
Spinrad. Dieser Anstieg entsteht unter anderem durch die Verbrennung fossiler
Brennstoffe für den Verkehr und die Stromerzeugung, durch die Zementherstellung,
die Abholzung von Wäldern und die Landwirtschaft. Das Treibhausgas CO2 hält die
von der Erdoberfläche abgestrahlte Wärme zurück, die sonst in den Weltraum
entweichen würde. Die Atmosphäre heizt sich folglich auf. Extreme
Wetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren, Waldbrände oder Niederschläge werden
verstärkt./cd/DP/mis

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