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dpa-AFX: Berliner Senator Gaebler will Gutachten zur Vergesellschaftung nicht abwarten

BERLIN (dpa-AFX) - Bausenator Christian Gaebler will weiter an den
Vorbereitungen für das vom Senat geplante Rahmengesetz zur Vergesellschaftung
großer Wohnungsunternehmen in Berlin arbeiten. Aus seiner Sicht ist es nötig,
damit zu beginnen, bevor die Ergebnisse des Rechtsgutachtens vorliegen, das die
Finanzverwaltung angekündigt hat. "Wir werden für unseren Bereich hausintern
schon mal schauen, welche Bewertungskriterien es gibt. Vor allem: Was sind
eigentlich die Kriterien, die eine Vergesellschaftung rechtfertigen?", sagte der
SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Gaebler: Rahmengesetz muss Kriterien nennen

Die Ansichten darüber gehen auseinander: "Es gibt einen Streit, ob
Umsetzungsthemen schon im Rahmengesetz angesprochen werden sollen", sagte
Gaebler. "Aus meiner Sicht müssen die Kriterien dafür schon ein Thema sein,
sonst macht das Rahmengesetz keinen Sinn. Wenn da nur drinsteht, man kann den
Grundgesetzparagrafen 15 umsetzen, dann kann man es auch lassen."

Das umstrittene Gutachten zum Rahmengesetz, das unter anderem von den Linken
in Berlin und der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen"
scharf kritisiert wird, hält Gaebler aber nicht für überflüssig. "Ich verstehe,
dass das Irritation auslöst", räumte er ein. "Andererseits hat sich die
Expertenkommission mit dem Rahmengesetz überhaupt nicht befasst - insofern ist
es klug, das vorab zu klären", sagte Gaebler. "Deswegen werden wir uns
rechtzeitig Gedanken darüber machen, welche Anknüpfungspunkte es für den
Wohnungsbereich gäbe."

"Ich bin der Meinung, dass möglichst alle zuständigen Fachverwaltungen schon
jetzt gucken, was sie an Vorarbeiten leisten können und damit nicht erst
anfangen, wenn das Gutachten vorliegt", so der SPD-Politiker. "Man muss die Zeit
bis dahin nutzen, um fachlich Themen vorzubereiten, die mit dem Gutachten nicht
direkt zu tun haben." Das Gutachten soll im ersten Quartal 2024 in Auftrag
gegeben werden, mit Ergebnissen wird nicht vor dem Herbst gerechnet.

Die Diskussion um die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen hatte die
Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" angestoßen. Bei einem
Volksentscheid am 26. September 2021 hatten gut 59 Prozent der Wähler für die
Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in
Berlin gestimmt.

Danach hatte der damalige rot-grün-rote Senat eine Expertenkommission
eingesetzt. In ihrem im Juni vorgestellten Abschlussbericht kam sie zu der
Einschätzung, die Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen in Berlin
sei möglich. Umgesetzt wurde das Votum von der Politik bislang nicht.

Gaebler sieht in Vergesellschaftung keine Lösung

Gaebler widersprach dem Vorwurf, Schwarz-Rot verschleppe die Umsetzung des
Volksentscheids zur Vergesellschaftung: "Wir haben keine Verzögerungsstrategie
im Kopf - die führt ja nur zu weiterer Verunsicherung. Schnellstmögliche
Klarheit sollte unser Ziel sein."

Vergesellschaftung sei allerdings keine Lösung der Probleme am
Wohnungsmarkt. "Wir reden da über rund 200 000 Wohnungen von insgesamt zwei
Millionen. Ich würde mich freuen, wenn wir 200 000 mehr landeseigene Wohnungen
bekämen, aber ich wüsste gerne mehr über die Risiken und Nebenwirkungen."

Dabei sei vieles noch offen. Das eine Risiko seien die unklaren Kosten für
die Steuerzahler. "Die Expertenkommission hat darauf keine klare Antwort
gegeben. Sie hat sechs verschiedene Berechnungsmodelle aufgezeigt, aber ohne zu
sagen, welches das richtige ist."/ah/DP/zb

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