Nachrichten

dpa-AFX: ROUNDUP 2: Merck hofft nach Gewinnrückgang auf Besserung

(neu: Aussagen aus der Bilanzpressekonferenz, Aktienkurs aktualisiert,
Analyst ergänzt.)

DARMSTADT (dpa-AFX) - Nach einer unerwartet langen Nachfrageflaute hofft der
Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck wieder auf einen besseren
Lauf. "Nun fokussieren wir uns auf die schrittweise Rückkehr zu Wachstum im
Laufe des Geschäftsjahrs 2024", sagte Konzernchefin Belen Garijo bei der
Bilanzvorlage am Donnerstag in Darmstadt.

An der Börse sorgten die Zahlen für eine Berg- und Talfahrt. Zuletzt
verteuerte sich die Aktie um 0,6 Prozent - damit baute sie ihr Jahresplus auf
rund zehn Prozent aus. Börsianer erklärten, die Zahlen seien im Rahmen der
Erwartungen ausgefallen und der Ausblick in Ordnung. Nach dem starken Lauf der
Aktie seit Jahresbeginn enttäusche allerdings etwas, dass es wenig Hinweise auf
eine Erholung des Laborgeschäfts gibt, schrieb Analyst Matthew Weston von der
Schweizer Bank UBS.

Im laufenden Jahr sollen der Umsatz und das um Sondereffekte bereinigte
Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) aus eigener
Kraft "leicht bis moderat" wachsen. Das Management rechnet abermals damit, dass
negative Wechselkurseffekte den Zuwachs schmälern.

2023 bezeichnete Unternehmenslenkerin Garijo als "Übergangsjahr": Merck
kämpfte mit einem Nachfrageeinbruch im Laborgeschäft, das in der Corona-Pandemie
noch dank der großen Nachfrage von Impfstoffherstellern floriert hatte. Zuletzt
bauten viele Kunden die in der Pandemie aufgestockten Lager ab.

Auch die Elektroniksparte schwächelte länger als gedacht, dort stellt der
Konzern unter anderem Halbleitermaterialien für elektronische Geräte und
Flüssigkristalle etwa für Smartphone- und TV-Bildschirme her. In dem Bereich
machte sich der allgemeine konjunkturelle Abschwung in der Elektronikindustrie
bemerkbar. Bei den Flüssigkristallen etwa für Smartphone- und TV-Bildschirme
leidet Merck zudem schon länger unter harter Konkurrenz aus Asien.

Einzig die Pharmasparte konnte im vergangenen Jahr ihren Umsatz steigern und
verdiente auch mehr, weil sich wichtige Kassenschlager gegen Krebs und Multiple
Sklerose häufig verkauften. Wichtige Hoffnungsträger floppten zuletzt aber. Wie
Garijo in der Bilanzpressekonferenz erklärte, wurde die Forschung am Mittel
Evobrutinib gegen Multiple Sklerose komplett gestoppt, von dem sich einen Merck
einen Milliarden-Umsatz erhofft hatte.

Der Umsatz ging 2023 im Vergleich zum Vorjahr um fast sechs Prozent auf
knapp 21 Milliarden Euro zurück, dabei sanken die Umsätze mit coronaspezifischen
Produkten von 800 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro. Das um Sondereffekte
bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank gar um
gut 14 Prozent auf knapp 5,9 Milliarden Euro. Damit traf Merck die zuvor
gesenkten eigenen Prognosen. Analysten hatten einen Tick schlechtere Resultate
erwartet. Unter dem Strich verdienten die Darmstädter rund 2,8 Milliarden Euro
und damit gut 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Anleger sollen gleichwohl
eine stabile Dividende von 2,20 Euro erhalten.

Das Management hofft unter anderem auf schrittweise wieder anziehende
Aufträge im Laborgeschäft. Dabei plant Merck inzwischen keinerlei Covid-bedingte
Erlöse mehr ein. Auch am Markt für Halbleitermaterialien dürfte es nach dem
Kalkül des Managements in diesem Jahr Stück für Stück wieder aufwärtsgehen.
Garijo verwies vor Journalisten auf Vorhaben in der Industrie, die Kapazitäten
massiv aufzubauen. Das Management rechnet allerdings für die Elektroniksparte
erst mit einem Wendepunkt zum Anfang des zweiten Halbjahres.

Der Pharmasparte attestierte die Merck-Chefin trotz der jüngsten
Forschungsflops eine "weiterhin sehr vielversprechende Pipeline". Es gelte aber,
Innovationen schneller in den Konzern zu holen. Das Management setzt nun
insbesondere seine Hoffnung auf das Krebsmedikament Xevinapant, zudem aktuell
weit vorangeschrittene Studien laufen. Daten werden für das zweite Quartal
erwartet. Auch Analysten trauen dem Mittel zu, ein Kassenschlager mit einem
Milliarden-Umsatz zu werden. Einlizensierungen von Wirkstoffen von Fremdfirmen
und der Ausbau bestehender Produkte etwa für weitere Anwendungsbereiche sollen
die Pharmasparte ebenfalls voranbringen.

An seinem mittelfristigen Ziel - 25 Milliarden Euro Umsatz bis 2025 - hält
der Vorstand trotz aller Schwierigkeiten fest. "Wir versuchen, so nah wie
möglich heranzukommen", sagte Garijo. Finanzchefin Helene von Roeder ergänzte:
"Es bleibt ein Kampf". Zugleich bekräftigte der Konzern die Pläne für ergänzende
Zukäufe. Allen voran die Laborsparte, mit der Merck eigenen Angaben zufolge am
Markt die Nummer drei ist, soll gestärkt werden. Der Konzern hat dafür
Milliarden im Köcher, doch bislang gab es wenig Konkretes. "Wir schauen uns
weiter um", bekräftigte von Roeder.

Die raueren Zeiten bekommen die Beschäftigten bereits mit mehreren
Sparpaketen zu spüren. Erst in der vergangenen Woche war der Abbau von bis zu
230 Stellen in der Elektroniksparte bekannt geworden, davon bis zu 100 in
Deutschland. Zudem sollen außerhalb Deutschlands bis Ende 2025 weitere 130
Stellen abgebaut werden. Der Konzern strebe möglichst einvernehmliche und
sozialverträgliche Lösungen an und versuche möglichst viele Beschäftigte intern
zu vermitteln, hieß es. Bereits im November war bekannt geworden, dass Merck die
Kosten in der Elektroniksparte um bis 90 Millionen Euro senken will.

Auch in der Pharmasparte wurden 200 Stellen gekürzt, zudem fallen in
Zentralfunktionen wie IT, Einkauf, Personal und Recht rund 550 Jobs bis Ende
2024 weg. Betriebsbedingte Kündigungen in Darmstadt sowie im nahen Gernsheim
sind per Beschäftigungsgarantie bis Ende 2025 ausgeschlossen. In Darmstadt
beschäftigt Merck rund 12 500 der mehr als 64 000 Beschäftigten
weltweit./tav/als/nas/zb

Daten bereitgestellt von .