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dpa-AFX: ROUNDUP 2: Brenntag zeigt sich für neues Jahr vorsichtig - Rückgänge 2023

(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz, Analysten, Aktienkurs)

ESSEN (dpa-AFX) - Der Chemikalienhändler Brenntag blickt nach
einem Umsatz- und Ergebnisrückgang vorsichtig auf das laufende Jahr. "Wir gehen
auch 2024 von einem herausfordernden Geschäftsumfeld aus", sagte
Unternehmenschef Christian Kohlpaintner am Donnerstag in einer Telefonkonferenz.
Dieses werde von geopolitischen Unsicherheiten und makroökonomischen
Herausforderungen geprägt. Hinzu komme der ungewisse Ausgang von wichtigen
politischen Wahlen. Gleichzeitig dürfte sich aber die Gesamtnachfrage
verbessern. Bereits im Jahresverlauf 2023 habe das Brenntag-Management eine
leichte, schrittweise Erholung der Absatzmengen gesehen. "Wir erwarten eine
Fortsetzung dieser Trends."

An der Börse zeigten sich die Anleger wenig überzeugt, die Aktie fiel am
Nachmittag um mehr als vier Prozent und war damit Dax-Schlusslicht. Anleger
könnten davon enttäuscht sein, dass das Unternehmen keine weiteren Aktien
zurückkauft. Der starke Mittelzufluss habe Erwartungen geschürt, dass es
"weitere Rückflüsse an die Aktionäre" geben werde, schrieben die Analysten vom
Investmenthaus Stifel. Die Enttäuschung über deren Ausbleiben belaste nun den
Aktienkurs.

Das erste Quartal sei in den beiden Geschäftsbereichen unterschiedlich
angelaufen, sagte Brenntag-Chef Kohlpaintner. Es gebe bei den
Industriechemikalien ordentliche Volumenzuwächse in Nordamerika, aber auch in
Europa. Im Geschäft mit Spezialitäten sei diese Volumenbelebung aber noch nicht
zu sehen. Auch in Asien und China habe der Konzern in den ersten beiden Monaten
noch keine erhebliche Trendwende erlebt.

Für das laufende Jahr rechnet Brenntag im schlechtesten Fall mit einem
leichten Rückgang des operativen Ergebnisses. Für den bereinigten Gewinn vor
Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (operatives Ebita) peilt der
Konzern 1,23 bis 1,43 Milliarden Euro an.

Laut Experte Christian Cohrs von dem Analysehaus Warburg Research lagen die
Ergebnisse des Unternehmens unter seinen Erwartungen. Gleiches gelte für die
Aussagen zur weiteren Entwicklung. Der Geldzufluss (Cashflow) habe sich
unterdessen günstig entwickelt. Für den UBS-Experten Rory McKenzie lagen der
Gewinn und die Ziele für das laufende Jahr im Rahmen der Erwartungen. Die
Gewinne stünden immer noch unter Druck, der aber nachlasse.

Im vergangenen Jahr bekam der Chemikalienhändler eine schwächere Nachfrage
zu spüren. Der Umsatz schrumpfte um 13,5 Prozent auf 16,8 Milliarden Euro. Dabei
belastete auch ein stärkerer Euro - bereinigt um Währungseffekte betrug das
Minus elf Prozent. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern
und Firmenwertabschreibungen sank um 16,3 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro.

Auf die Aktionäre entfiel ein Gewinn von knapp 715 Millionen Euro nach fast
887 Millionen ein Jahr zuvor. Bei den Zahlen verfehlte das Unternehmen die
Erwartungen der Analysten. Das Brenntag-Management will die Dividende um 10 Cent
auf 2,10 Euro je Aktie erhöhen.

Um die Kosten zu senken, hatte der Vorstand um Unternehmenschef Kohlpaintner
im Sommer weitere Maßnahmen eingeleitet. Das Unternehmen schloss 25 Standorte
und baute mehr als 400 Stellen ab, wie Finanzchefin Kristin Neumann sagte.
Bereits bis Ende 2022 waren mehr als 1300 Jobs gestrichen und 100 Standorte
geschlossen worden. Insgesamt will Brenntag bis 2027 auf Jahressicht 300
Millionen Euro einsparen. Die Einmalkosten hatte das Unternehmen auf 250
Millionen Euro beziffert.

Derweil treibt der Konzern die Entflechtung seiner beiden Sparten voran. Die
Geschäfte mit Prozesschemikalien (Essentials) sowie mit Spezialitäten für
bestimmte Branchen (Specialties) sollen bis 2026 eigenständig aufgestellt
werden. Brenntag erwartet durch die Eigenständigkeit der beiden Bereiche
deutliche Effizienzsteigerungen und Einsparungen bei den Verwaltungskosten, den
Ausgaben sowie in der Lieferkette.

Insbesondere das Spezialitätengeschäft soll sich so besser entwickeln. Der
Bereich liegt Kohlpaintner zufolge hinter den Wettbewerbern zurück, diese Lücke
soll geschlossen werden. Danach will das Management verschiedene strategische
Optionen prüfen. Ob es zu einer Aufspaltung kommt, ist noch offen.

Aktivistische Investoren, in deren Visier der Chemikalienhändler geraten
ist, hatten auf eine Aufspaltung in die beiden Bereiche für Spezial- und
Basischemikalien gedrängt. Dabei machte vor allem der britische Finanzinvestor
Primestone auf sich aufmerksam. Primestone sowie der US-Hedgefonds Engine
Capital erhoffen sich dadurch eine schnelle Wertsteigerung.

Brenntag handelt international mit Industrie- und Spezialchemikalien sowie
Inhaltsstoffen. Das Unternehmen kauft die Stoffe bei Chemiekonzernen in größeren
Mengen ein und verkauft sie in kleineren Mengen. In den vergangenen Jahren ist
Brenntag mithilfe kleinerer Übernahmen gewachsen.

Konjunkturabschwünge treffen das Unternehmen in der Regel weniger stark als
Chemiekonzerne, weil Kunden dann weniger Chemikalien benötigen und diese
vermehrt beim Händler statt beim Produzenten kaufen. Zuletzt beschäftigte
Brenntag mehr als 17 700 Mitarbeiter in 72 Ländern./mne/tav/jha/

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