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dpa-AFX: WDH/KORREKTUR/ROUNDUP: IG BCE wehrt sich gegen Schließung von Reifenwerken

(Wort in der Überschrift ergänzt: Reifenwerken)

KASSEL (dpa-AFX) - Die Gewerkschaft IG BCE und Betriebsräte wehren sich
gegen die geplante Schließung von vier Reifenwerken und den drohenden Verlust
von rund 3300 Jobs in Deutschland. In einem am Freitag veröffentlichten
Forderungspapier nahmen sie Politik und Unternehmen in die Pflicht. "Mit Reifen
Made in Germany lässt sich bis heute gutes Geld verdienen, hier gibt es die
nötigen Fachkräfte und das Know-how", sagte IG-BCE-Vorstandsmitglied Francesco
Grioli der Deutschen Presse-Agentur. Die Kürzungspläne von Michelin
und Goodyear bezeichnete er als schwer
nachvollziehbar.

Um die energieintensive Reifenproduktion in Deutschland zu halten, verlangen
die Arbeitnehmervertreter Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit, eine
Modernisierung der Anlagen und die Umrüstung auf erneuerbare Energien, heißt es
in der "Kasseler Erklärung", die von 40 Betriebsratsmitgliedern beschlossen
wurde. Gefordert wird zudem eine engere Zusammenarbeit mit der Autoindustrie, um
die Effizienz zu steigern. Die Nähe des bedrohten Goodyear-Werkes in
Fürstenwalde zum Tesla -Werk in Grünheide etwa sei eine "ideale
Option für eine effiziente Just-in-Time-Belieferung". Reifen "aus allen Teilen
der Welt" würden nach Grünheide gebracht, obwohl es in Fürstenwalde ein
Goodyear-Reifenwerk gebe, sagte Grioli.

Auch in Forschung und Entwicklung gebe es Kooperationsmöglichkeiten zwischen
Reifen- und Autoindustrie, die nicht ausgeschöpft würden. "Die Elektrifizierung
erfordert andere Reifen, hier muss mit den Erstausrüstern gesprochen werden",
sagte er. Deutschland mit seinen traditionsreichen Reifenwerken könne Leitmarkt
in Forschung und Entwicklung sein.

Ein Drittel der Werke vor dem Aus

Von den laut IG BCE noch 12 Reifenwerken in Deutschland ist ein Drittel vom
Aus bedroht. So hat Michelin im Herbst verkündet, die Werke in Karlsruhe und
Trier bis Ende 2025 zu schließen und die Lkw-Neureifen- und
Halbfabrikatfertigung im saarländischen Homburg einzustellen. Zudem plant
Michelin, ein Kundenzentrum von Karlsruhe nach Polen zu verlagern. Begründet
wurden die Einschnitte, die mehr als 1500 Jobs betreffen, mit Billigkonkurrenz
aus Asien. Der US-Konzern Goodyear will zudem die Reifenproduktion im
brandenburgischen Fürstenwalde bis Ende 2027 schrittweise einstellen und sein
Werk in Fulda 2025 schließen. Davon sind rund 1800 Jobs betroffen. Bereits 2020
hatte Continental das Aus für ein Werk in Aachen bekannt gegeben.

IG BCE und Betriebsräte forderten die Bundesregierung auf, für
wettbewerbsfähige Energiepreise zu sorgen und Reifen aus Asien zu Dumpingpreisen
den Zugang zum EU-Markt zu verweigern. Die Stromkosten in Deutschland seien mit
13 bis 15 Cent pro Kilowattstunde für die Industrie viel höher als in den USA (4
Cent) und Asien (1,5 Cent). "Die Politik muss einseitige Standortnachteile im
globalen Wettbewerb vermeiden, um nicht selbstverursachte Schäden von der
heimischen Reifenindustrie abzuwenden", sagte Grioli./als/DP/nas

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