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dpa-AFX: ROUNDUP/Erstmals 'Recht auf schnelles Internet' genutzt: Behörde schreitet ein

BONN (dpa-AFX) - Im Rahmen des sogenannten Rechts auf schnelles Internet hat
die Bundesnetzagentur erstmals einen Internetanbieter verpflichtet, einen
entlegenen Haushalt in Deutschland mit Internet zu versorgen. Ein entsprechender
Bescheid sei dem Unternehmen zugestellt worden, teilte die Bundesnetzagentur am
Montag in Bonn mit. Es geht um einen Haushalt in Niedersachsen - wo genau wurde
ebenso wenig mitgeteilt wie der Name des betroffenen Unternehmens. Neben
Festnetz-Anbietern wie der Deutschen Telekom und Vodafone
kommt auch der Satelliteninternet-Anbieter Starlink infrage.

Der betroffene Haushalt beruft sich auf das "Recht auf schnelles Internet",
das noch von der schwarz-roten Regierungskoalition unter Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) auf den Weg gebracht wurde. Wirklich schnell ist die rechtlich
zugesicherte Leitung aber nicht, im Download müssen mindestens 10 Megabit pro
Sekunde erreicht werden, im Upload 1,7 Megabit und in der Latenz (Reaktionszeit)
maximal 150 Millisekunden. Diese Werte sind niedrig. Mancherorts bedeutet diese
Bandbreite aber eine wesentliche Verbesserung der jetzigen Situation.

Der aktuelle Bescheid ist die erste Anordnung dieser Art, weitere dürften
bald folgen. Denn derzeit sind bei der Bundesnetzagentur den Angaben zufolge
noch rund 130 Beschwerdeverfahren in der Prüfung. Derzeit gibt es in Deutschland
schätzungsweise 400 000 Haushalte, die im Rahmen des Rechtsanspruches als
unterversorgt gelten. Sie haben also gar kein Netz oder nur
Schneckentempo-Verbindungen.

30 Euro pro Monat erlaubt

Das Gesetz sieht vor, dass der Internetzugang "erschwinglich" sein muss -
nach den Vorstellungen der Bundesbehörde darf die Leitung nicht teurer sein als
circa 30 Euro im Monat. In dem Beschwerdeverfahren des betroffenen Haushalts
wurden mehrere Anbieter gefragt, ob sie einen Internetzugang zu diesem Preis
ermöglichen wollen. Keiner griff zu. Daraufhin erfolgte nun die Anordnung der
Netzagentur, gegen die eine Klage möglich ist. Wann besagter Haushalt relativ
gutes Internet bekommt, ist noch offen.

Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller betonte, dass jede Bürgerin und
jeder Bürger das Recht auf eine angemessene Versorgung habe. "Im beruflichen und
im privaten Alltag ist eine ausreichende Internet- und Telefonversorgung
essenziell." Dieses Recht setze man jetzt im Sinne der Verbraucherinnen und
Verbraucher in einem Pilotverfahren durch.

Verbraucherschützer sind unzufrieden

Verbraucherschützer werteten die Entscheidung der Netzagentur positiv,
äußerten aber auch Kritik. "Es ist grundsätzlich gut, dass eine Verpflichtung
ausgesprochen und der Rechtsanspruch auf Internet genutzt wird", sagte Felix
Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Er bemängelte aber, dass die Behörde
erst jetzt vorgehe. "Es sind mehr als zwei Jahre vergangenen, in denen die
Bürgerinnen und Bürger nichts von dem Rechtsanspruch hatten."

Das Mindestlevel sei zu niedrig. "10 Megabit im Download sind beileibe kein
schnelles Internet." Er hatte erwartet, dass das Mindestlevel Jahr für Jahr
ansteigt. "Es ist bedauerlich, dass die Bundesnetzagentur nicht schon längst von
10 auf 15 oder 20 Megabit pro Sekunden hochgegangen ist, schließlich wird das
Internet insgesamt in Deutschland immer besser."

Auf die Nachfrage, warum das Mindestlevel noch immer nur bei 10 Megabit pro
Sekunde liege, sagte eine Sprecherin der Bundesnetzagentur: "Wir evaluieren die
Werte, um eine eventuelle Anpassung der Mindestversorgung vorzunehmen."
Voraussichtlich im Herbst werden die Mindestwerte steigen, im Download dann wohl
mindestens 15 Megabit pro Sekunde. Dann steigt die Zahl der Haushalte, die den
Rechtsanspruch nutzen könnten.

Verbraucherschützer Flosbach ist für eine deutliche Anhebung, um den Druck
auf die Internetanbieter zu erhöhen und den flächendeckenden Internetausbau
anzukurbeln. "Das Recht auf Internet muss ein wirksames Werkzeug werden, um den
ländlichen Raum zu stärken und auch dort Teilhabe am Digitalzeitalter zu
ermöglichen."

Nicht immer müssen die Bagger losrollen

Derzeit investiert die Internetbranche kräftig in den Ausbau von
Glasfaser-Anschlüssen, die sehr schnelle und stabile Verbindungen ermöglichen:
1000 Megabit pro Sekunde oder sogar noch mehr bieten diese Zugänge zum Netz. Das
macht deutlich, dass die 10-Megabit-Messlatte für den Rechtsanspruch
vergleichsweise niedrig angesetzt ist. Der Glasfaser-Ausbau findet allerdings
vor allem dort statt, wo sich viele Häuser befinden, also in Städten oder großen
Dörfern. In dünn besiedelten Gegenden lohnt sich das nicht, dort kann der
Rechtsanspruch durchaus eine Hilfe sein für Bewohnerinnen und Bewohner. Genutzt
wurde er aber noch nicht - das ändert sich nun.

Der Rechtsanspruch bezieht sich nicht explizit auf Festnetz-Internet,
vielmehr ist er technologieneutral definiert. Dadurch sollte vermieden werden,
dass Bagger eine unverhältnismäßig lange Strecke graben müssen, um Internetkabel
bis zu einsamen Gehöften zu verlegen. Mobilfunk, der als Festnetz-Ersatzprodukt
dient, und auch Satelliten-Internet können genutzt werden, um dem Rechtsanspruch
Genüge zu tun.

Wer auf dem Land lebt und dort kein gutes Festnetz-Internet bekommt, kann
zum Beispiel Kunde vom Satelliteninternet-Anbieter Starlink werden. Bei dem
zahlt er derzeit laut Webseite der Firma in Deutschland 225 Euro für die
Hardware und eine Monatsgebühr von 50 Euro - also etwa 20 Euro mehr als er es
laut Bundesnetzagentur tun müsste, um seinen Rechtsanspruch erfüllt zu
sehen./wdw/DP/ngu

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