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dpa-AFX: ROUNDUP: VW hält trotz Gegenwind an Elektrokurs fest - Chinasorgen drücken Aktie

BERLIN (dpa-AFX) - Europas größter Autobauer Volkswagen hält
trotz der Flaute bei E-Autos am Elektrokurs fest. "Wir stehen zu unserer
Strategie und sehen in der Elektromobilität ganz klar die Zukunft", sagte
Vorstandschef Oliver Blume am Mittwoch bei der Vorlage der Konzernbilanz für
2023 in Berlin. "Ich halte nichts davon, bei etwas Gegenwind sofort alles
infrage zu stellen."

Angesichts der Kaufzurückhaltung vor allem in Deutschland werde 2024 für den
Konzern aber ein "anspruchsvolles Jahr", räumte Blume ein. Dennoch zeigte er
sich zuversichtlich, dass die Nachfrage in den nächsten Monaten wieder anziehen
werde und Volkswagen im Gesamtjahr zumindest leicht zulegen könne. Laut Ausblick
im Geschäftsbericht sollen die Auslieferungen gegenüber 2023 um drei Prozent
steigen.

"Größte Modelloffensive in der Geschichte des Konzerns"

Helfen sollen dabei vor allem zahlreiche neue Modelle. "Wir starten die
größte Modelloffensive in der Geschichte des Konzerns", sagte Blume. "Mehr als
30 Modelle werden 2024 an den Start gehen." Darunter das Facelift des Golfs, der
noch einmal als Verbrenner kommt, und die seit Jahren überfälligen
Elektro-Hoffnungsträger Macan Electric von Porsche und Q6 e-tron
von Audi. Beide sollten bereits vor zwei Jahren anlaufen, mussten wegen
Problemen bei der Software aber mehrfach verschoben werden.

Von der Politik forderte Blume mehr Unterstützung für die Elektromobilität.
"Wir brauchen ein klares Bekenntnis der Politik", sagte er. Vor allem brauche
die Branche Planungssicherheit. Scharfe Kritik äußerte er an dem überraschenden
Streichen der Kaufprämie für E-Autos in Deutschland Ende 2023. Die Nachfrage war
danach eingebrochen, VW musste in seinen E-Auto-Werken in Zwickau
und Emden die Produktion drosseln und Schichten streichen. Sorgen um die
Standorte mache er sich aber nicht. Mit neuen Modellen werde auch die Nachfrage
nach E-Autos wieder steigen, sagte Blume.

Sorgen um Geschäft in China

In China - dem wichtigsten Einzelmarkt des Konzerns - hat VW derzeit
besondere Probleme. Im neuen Jahr geht der Konzern von einem weiteren
Gewinnrückgang in der Volksrepublik aus. Die anteiligen operativen Gewinne der
chinesischen Gemeinschaftsunternehmen dürften dann von zuletzt 2,6 Milliarden
Euro auf 1,5 bis 2 Milliarden Euro sinken. Vergangenes Jahr hatte die Kernmarke
VW Pkw ihre seit Jahrzehnten im Land gehaltene Marktführerschaft an den
heimischen Elektroautobauer BYD abgeben müssen, weil der seine
Modelle günstig herstellt und mit hohen Rabatten auf den hart umkämpften Markt
wirft.

In diesem und dem kommenden Jahr stellt sich der Konzern nach Worten des
Finanzchefs Arno Antlitz wegen des herausfordernden Umfelds auf weitere
Marktanteilsverluste in China ein, bis er 2026 mit neuen Elektroautomodellen
dann wieder durchstarten will. Die Hoffnungsträger stammen unter anderem aus
einer Kooperation mit dem jungen chinesischen Autobauer Xpeng. Die
VW-Vorzugsaktie fiel am Nachmittag ans Dax-Ende und verlor 4,3 Prozent auf
115,64 Euro. Der schwache China-Ausblick der Wolfsburger dürfte den
Ergebniskonsens am Markt um etwa 5 Prozent nach unten drücken, schrieb
UBS-Analyst Patrick Hummel.

Entscheidung über 20 000-Euro-Stromer fällt Ende 2024

Große Hoffnung setzt der Konzern insgesamt auch auf den für 2026
angekündigten Einstiegsstromer ID.2all für unter 25 000 Euro und ein womöglich
noch günstigeres Modell ID.1 für 20 000 Euro. Bis Jahresende wolle man über das
Projekt entscheiden, erklärte Blume. Eine Kooperation mit einem anderen
Autobauer sei dabei nicht ausgeschlossen. Zuletzt hatte das "Handelsblatt" über
Gespräche mit Renault berichtet. Als Starttermin für den
Elektrokleinwagen wird laut "Automobilwoche" 2027 angepeilt.

Im vergangenen Jahr hatte der Konzern noch Bestwerte bei Umsatz und
operativem Gewinn eingefahren. Das Ergebnis nach Steuern zog von 15,8 Milliarden
Euro im Vorjahr auf 17,9 Milliarden Euro an, wie VW am Mittwoch mitteilte. Zu
verdanken war das vor allem dem Auftragsstau, mit dem VW in das Jahr 2023
gestartet war. Wegen fehlender Teile wie Chips konnte VW lange nicht so viele
Autos bauen wie bestellt wurden, es kam zu langen Lieferzeiten. Diesen
Auftragsbestand habe man nun weitgehend abgearbeitet, sagte Finanzvorstand
Antlitz. "Diesen Rückwind, den wir 2023 hatten, werden wir 2024 nicht erneut
haben."

Erste spürbare Ergebnisse sollen in diesem Jahr dagegen die Effizienz- und
Sparprogramme liefern, die 2023 für alle Konzernmarken aufgesetzt wurden. Bis
Jahresende solle das konzernweit bereits zehn Milliarden Euro an langfristigen
Ergebnisverbesserungen bringen, kündigte Blume an. Allein vier Milliarden Euro
entfallen dabei auf die Kernmarke VW.

Vorstand kürzt eigenes Gehalt

Auch beim eigenen Gehalt setzt Blume den Rotstift an. Alle Mitglieder des
Konzernverstands würden in diesem Jahr auf fünf Prozent ihres Fixgehalts
verzichten. "Wir halten das für ein wichtiges Signal, dass auch wir als
Konzernvorstand unseren Beitrag leisten und erst mal bei uns selbst anfangen",
erklärte Blume.

Seine Einbuße hält sich aber in Grenzen: Von den 8,7 Millionen Euro, die
Blume, der zugleich Porsche-Chef ist, 2023 verdiente, entfielen nur 1,3
Millionen auf das Festgehalt von Volkswagen. Bei unveränderter Vergütung würde
Blume damit 2024 auf 65 000 Euro verzichten. Etwas größer fällt der Abschlag bei
den übrigen Konzernvorständen aus, die keinen Zweitjob bei Porsche haben. Deren
Festgehälter lagen 2023 bei bis zu 1,5 Millionen Euro. Bei unveränderter
Vergütung würde sie damit 2024 auf jeweils 75 000 Euro verzichten./fjo/men/jha/

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