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dpa-AFX: Munich Re: KI lässt Cybergefahr wachsen - Schutzschirm nötig

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die potenziellen Schäden von Cyberattacken sind nach
Einschätzung des Rückversicherers Munich Re mittlerweile so groß,
dass vorbeugende Schutzschirme sinnvoll wären. Die von "katastrophalen
systemischen Ereignissen" - etwa Cyberkrieg oder der Ausfall kritischer
Infrastruktur - verursachten Schäden würden die Kapazitäten der
Versicherungsbranche übersteigen, schreiben die Fachleute des Münchner Dax
-Konzerns in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht zur
Cyberkriminalität.

Da derartige Szenarien demnach die makroökonomische Stabilität bedrohen
könnten, plädiert das Unternehmen für die Einbindung von Regierungen, um die
Risiken beherrschbar zu halten. Die Munich Re verweist auf Schätzungen der
Statistikplattform Statista, wonach die von Cyberkriminalität verursachten
weltweiten Schäden von gut 8 Billionen Dollar im Jahr 2023 bis 2028 auf 13,8
Billionen Dollar steigen könnten.

Zu den steigenden Risiken tragen demnach zwei Faktoren bei: Der technische
Fortschritt inklusive Künstlicher Intelligenz (KI) erleichtere den Tätern das
Geschäft. Zudem seien manche Staaten an Cyberangriffen direkt beteiligt oder
unterstützten zumindest kriminelle Banden. Das Unternehmen nannte keine
bestimmten Staaten, Sicherheitsfachleute beschuldigen häufig Russland und China.

Phishing Mails als Einfallstor für Cyberangriffe

"Die Ära der generativen künstlichen Intelligenz hat gerade erst begonnen",
sagt Munich Re- Cyberfachmann Martin Kreuzer. "Die Nutzung von Künstlicher
Intelligenz erlaubt auch den kriminellen Akteuren Skaleneffekte durch einen
qualitativ neuen Grad der Automatisierung, beispielsweise bei Phishing Mails.
Diese sind auch im Jahr 2024 immer noch das mit Abstand häufigste Einfallstor
für Cyberangriffe."

Im legalen Geschäftsleben bedeutet der Begriff "Skaleneffekt" Vorteil durch
Größe - je mehr ein Unternehmen von einem Produkt produzieren kann, desto
günstiger im Verhältnis die Herstellungskosten. Ein ähnlicher Mechanismus wirkt
nach Kreuzers Einschätzung aber auch bei kriminellen Geschäften.

Phishing Mails sollen die Empfänger animieren, bösartige Links zur
Installation von Computerviren anzuklicken, Daten preiszugeben oder sich auf
persönlichen Kontakt mit Betrügern einzulassen. "KI erleichtert auch das
Personalisieren solcher Nachrichten und hilft Angreifern zu erkennen, wie sie
welche Personen mit welchen Themen zielgerichtet adressieren können", sagte
Kreuzer. Als Beispiel nannte der Cyberexperte automatisiertes Monitoring von
Social-Media-Accounts, mit dem die Täter Informationen über potenzielle
Adressaten sammeln können.

KI auf beiden Seiten nützlich

Große Hackergruppen würden künftig auch eigene generative KI entwickeln und
für böswillige Zwecke trainieren, sagte Kreuzer - "etwa um Schwachstellen in der
IT-Sicherheit zu entdecken".

Kreuzer betonte jedoch, dass KI nicht einseitig nur für die Täter nützlich
sei, sondern auch die Abwehr erleichtern könne. "KI erlaubt andererseits aber
auch effektivere Cyberverteidigung, etwa bei der Detektion von Anomalien und
über automatisierte Rückmeldungen."

Generell ist der Schutz vor Cyberangriffen nach Einschätzung des
Rückversicherers nach wie vor unzureichend. "Expertise im Bereich der
IT-Sicherheit ist nach wie vor dünn gesät", sagte Kreuzer. "Darüber hinaus
braucht es entsprechende Investitionen in die Technologien, und als dritten
Schritt auch die Prozesse, um die Technologie abgestimmt auf die jeweiligen
Bedürfnisse wirksam einzusetzen."

Deutschland sei "nicht das Land mit dem höchsten Digitalisierungsgrad",
sagte der Cyberexperte. "Die Politik hat die Bedeutung von KI erkannt, aber noch
bleibt offen, ob Wille und Budget für eine schnelle Umsetzung in Deutschland
gegeben sind."/cho/DP/mis

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