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dpa-AFX: ROUNDUP 3/Ampel-Kompromiss: Mietpreisbremse bis 2029 - Daten werden eingefroren

BERLIN (dpa-AFX) - SPD und FDP haben sich auf eine Verlängerung der
Mietpreisbremse über 2025 hinaus geeinigt. Teil der Einigung, die am Mittwoch in
Berlin von den Ampel-Fraktionen und der Bundesregierung bekannt gegeben wurde,
ist zudem ein Kompromiss zur Speicherung von Kommunikationsdaten zu
Ermittlungszwecken.

"Die Blockade ist beendet", hieß es aus der SPD-Fraktion. Der
FDP-Abgeordnete Thorsten Lieb teilte mit: "Die Koalition hat sich auf
Kabinettsebene auf das 'Quick Freeze'-Verfahren geeinigt." Damit könnten Daten
künftig rechtssicher und anlassbezogen gespeichert werden.

Bestandteil der Einigung ist laut Bundesjustizministerium die im
Koalitionsvertrag vorgesehene Verlängerung der Mietpreisbremse in angespannten
Wohnungsmärkten bis 2029. Damit reagiere die Ampel auf die weiterhin schwierige
Situation auf vielen Wohnungsmärkten, sagte Lieb. Wo sie gilt, sorgt die
Mietpreisbremse dafür, dass die Miete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags im
Grundsatz nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete
liegen darf. Darüber, ob die Mietpreisbremse in bestimmten Gebieten Anwendung
findet, entscheidet die jeweilige Landesregierung.

SPD und Grüne wünschen sich beim Mietrecht zwar noch weitere Änderungen, die
teils auch im Koalitionsvertrag stehen. Wie ein Sprecher mitteilte, wurden mit
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der für das Mietrecht verantwortlich
ist, bisher jedoch weder Änderungen bei der maximalen Erhöhung von
Bestandsmieten innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Kappungsgrenze) noch bei
der Fortentwicklung des Mietspiegels vereinbart.

Für Mieterinnen und Mieter sei es eine gute Nachricht, dass SPD und FDP nun
"ihre gegenseitige Blockade aufgegeben haben", sagte die
Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Ihre Fraktion erwarte nun, dass
auch die weiteren im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen "zügig angegangen
werden".

Damit ist dem Vernehmen nach aber eher nicht zu rechnen. "Zu den übrigen
Mietrechtsvorhaben, insbesondere der Absenkung der Kappungsgrenze und den
Modifikationen der Mietspiegel, besteht vor dem Hintergrund der rasant
gestiegenen Bau-, Reparatur- und Refinanzierungskosten zwischen den
Koalitionspartnern noch Diskussionsbedarf", sagte Buschmann der "Welt".

Dass Überlegungen von SPD und Grünen zu einem Verbot von Indexmietverträgen
mit ihm nicht zu machen sind, hat der Justizminister bereits zuvor deutlich
gesagt. Diese waren allerdings ohnehin nicht Teil des Koalitionsvertrags, der zu
einer Zeit formuliert worden war, als das Thema hohe Inflation noch nicht so
virulent war.

In einem Indexmietvertrag wird vereinbart, dass wenn die
Lebenshaltungskosten steigen, auch eine Mietanpassung in entsprechender Höhe
möglich ist. Dafür verzichtet der Vermieter auf das Recht, die Miete an die
ortsübliche Vergleichsmiete anzupassen.

Der Präsident des Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft, ZIA, Andreas
Mattner, sagte, er gehe davon aus, dass nach der Verständigung auf die
verlängerte Mietpreisbremse "nun weitere Verschärfungen vom Tisch sind."
Ansonsten könnte der Wohnungsbau in Deutschland über Jahre zum Erliegen kommen.

Beim "Quick-Freeze"-Verfahren werden die Daten erst dann gespeichert, wenn
ein Verdacht auf eine Straftat erheblicher Bedeutung - etwa Mord oder Totschlag
- besteht. Aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist das nicht
ausreichend. Sie hatte zuletzt für eine neue, rechtskonforme Regelung für eine
anlasslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten der Telekommunikation
geworben und dies vor allem mit der Bekämpfung von Darstellungen sexuellen
Missbrauchs an Kindern begründet. Auch das Bundeskriminalamt hielt fest: "Für
die Identifizierung eines noch unbekannten Tatverdächtigen selbst bietet das
Quick-Freeze-Verfahren keinen Nutzen, sofern die relevanten Daten zum Zeitpunkt
des Auskunftsersuchens nicht mehr oder unvollständig gespeichert sind." Wegen
rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung
seit 2017 nicht mehr genutzt worden.

"Durch die jetzige Einigung auf die Einführung eines Quick-Freeze-Verfahrens
wird eine zentrale Forderung auch bündnisgrüner Bürgerrechtspolitik endlich
umgesetzt", sagte der stellvertretende Vorsitzende der
Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz. Die Einigung stelle "eine Abkehr
von anlasslosen Massendatenspeicherungen und einen entscheidenden Schritt in
Richtung einer die Strafverfolgung verbessernden und zugleich verhältnismäßigen,
die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger achtenden Sicherheitspolitik dar".

Zum Schutz vor stark steigenden Mieten fordern Grüne und SPD im Bundestag
seit Monaten mehr Einsatz von Buschmann. Der Justizminister hatte, wenn man ihn
in den vergangenen Monaten nach dem Mietrecht fragte, meist süffisant
geantwortet, es gebe auch noch andere Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, die
noch nicht umgesetzt seien - und damit seine Forderung nach Einführung des
"Quick-Freeze"-Verfahrens unterstrichen.

"Die Ampel hat einen politischen Kuhhandel zulasten der Sicherheit der
Menschen vereinbart", kritisierte der CDU-Politiker Jan-Marco Luczak. Die
Sicherheit der Menschen und der Schutz von Kindern gegen sexuellen Missbrauch
werde gegen bezahlbares Wohnen ausgespielt. "Das ist ein Armutszeugnis und
belegt, dass die Gemeinsamkeiten der Ampel erschöpft sind."

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU),
sagte: "Frau Faeser ist als Ministerin gescheitert." Das nun vereinbarte
Verfahren sei zur Terrorabwehr und zur Bekämpfung des sexuellen
Kindesmissbrauchs nicht ausreichend. "Damit hat die FDP sich wieder einmal mit
ihrem Konzept Datenschutz vor Opferschutz durchgesetzt."

Im Bundesjustizministerium sollen jetzt relativ bald zwei Entwürfe
geschrieben werden: Einer für die Datenspeicherung, der dann etwas anders sein
wird als der Entwurf, den Buschmann dazu im Oktober 2022 vorgelegt hatte und der
im Bundesinnenministerium auf große Kritik gestoßen war. Ein Sprecher von
Ministerin Faeser betonte, man halte die Forderung nach einer vorsorglichen,
zeitlich begrenzten Speicherung von IP-Adressen weiter aufrecht.

Da es bei der Mietpreisbremse im Grundsatz um eine bestehende Regelung geht,
die verlängert werden soll, ist davon auszugehen, dass Buschmann auch diesen
Entwurf bald zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung
versenden wird. Obgleich beide Vorhaben inhaltlich nichts miteinander zu tun
haben, ist es wahrscheinlich, dass sie am selben Tag vom Kabinett beschlossen
werden./abc/DP/stw

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