Nachrichten

dpa-AFX: Überbau-Problem beim Internet: Behörde äußert sich zurückhaltend

BONN (dpa-AFX) - In der Debatte über den umstrittenen Doppelausbau von
Glasfaser-Internet bleibt es der Deutschen Telekom vorerst
erspart, dass der Staat durchgreift. Die Bundesnetzagentur veröffentlichte am
Donnerstag einen Zwischenbericht zu der Praxis, die auch Überbau genannt wird.
In dem Schreiben äußert sich der Regulierer zurückhaltend. Gravierende
Verfehlungen des Konzerns sieht er nicht.

Es geht um 427 Gegenden, in denen erst eine Firma Glasfaser-Ausbaupläne
bekanntgegeben hat und danach eine zweite Firma das Gleiche tut. Dann drohen
doppelte Bauarbeiten am selben Ort. Dies gilt in Zeiten knapper Baukapazitäten
als problematisch. Schließlich kann der Bagger dort fehlen, wo noch keine
Glasfaser liegt. Außerdem verschlechtern sich die Geschäftsaussichten der
ersten, "überbauten" Firma - schließlich muss sie damit rechnen, dass ein Teil
der Haushalte in einer Straße keinen Vertrag haben will und stattdessen zur
Konkurrenz geht.

Für Telekom-Wettbewerber - etwa die Branchenverbände Breko, Anga und VATM -
ist das Thema ein rotes Tuch. Sie werfen der Telekom vor, den Überbau
strategisch einzusetzen und dadurch den Glasfaser-Ausbau insgesamt in
Deutschland zu verlangsamen. Die Telekom wiederum weist die Vorwürfe von sich
und betont, dass so ein Infrastruktur-Wettbewerb normal sei und lokale Monopole
nicht im Sinne der Verbraucher wären. Konzernchef Tim Höttges merkt in der
Debatte immer wieder an, dass man auch selbst überbaut werde - etwa in Bonn, wo
Westconnect Ausbaupläne verkündete, obwohl die Telekom dort längst mit Glasfaser
präsent war. Klar ist aber auch: Als großer Konzern kann die Telekom es besser
wegstecken, überbaut zu werden als ihre kleinen Wettbewerber.

Bei den 427 Fällen, die der Bericht enthält, hält sich die Zahl der
Gegenden, in denen die Telekom die Wettbewerber überbaut und die Zahl der
Gegenden, in denen sie überbaut wird, etwa die Waage. Die Autoren merken
kritisch an, dass die Telekom häufiger kurzfristig auf den Vertriebsstart eines
Wettbewerbers reagiert habe - nach Lesart der Magenta-Konkurrenten ist das
besonders fragwürdig. Diese Passage des Berichts interpretiert der Verband Anga
als Beleg für Handlungsbedarf seitens des Staates.

Allerdings schwächen die Autoren ihre zarte Kritik an der Telekom mit dem
Hinweis ab, dass die analysierten Fälle von den unterschiedlichen Firmen
gemeldet seien. Diese Angaben ließen sich häufig nicht gänzlich verifizieren.
Eine belastbare wettbewerbliche Bewertung sei auf Basis der Meldungen noch nicht
möglich, erklärte Behördenchef Klaus Müller. "Es besteht weiterhin ein hoher
Informationsbedarf."

Während die Telekom-Konkurrenten den Zwischenbericht als Bestätigung ihrer
Vorwürfe deuten, zieht der Marktführer eine andere Schlussfolgerung: "Die
Überbau-Vorwürfe brechen ein wie ein Kartenhaus", erklärte ein Sprecher.
"Erstens sind die Fallzahlen angesichts von 11 000 Kommunen in Deutschland
niedrig, zweitens wird in der Hälfte der Fälle die Telekom überbaut." Außerdem
finde kein strategischer Überbau durch die Telekom statt./wdw/DP/ngu

Daten bereitgestellt von .