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dpa-AFX: ROUNDUP: Thyssenkrupp Steel will Kapazität kappen - Arbeitsplatzabbau

DUISBURG (dpa-AFX) - Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp
Steel will seine Produktionskapazität in Duisburg deutlich
verkleinern. Damit werde "auch ein noch nicht bezifferbarer Abbau von
Arbeitsplätzen verbunden sein", teilte die Stahlsparte des Industriekonzerns am
Donnerstagabend in Duisburg mit. Dieser werde auch nachgelagerte
Weiterverarbeitungsstufen sowie die Verwaltungs- und Dienstleistungsbereiche
betreffen.

Die im MDax notierte Thyssenkrupp-Aktie gewann am
Freitagvormittag zuletzt fast vier Prozent und kostete 5,092 Euro.
Baader-Analyst Christian Obst nannte eine Senkung der Kapazität sinnvoll. Jedoch
gebe es noch viele offene Fragen. So gebe es keine Informationen über den
Zeitplan oder mit der Restrukturierung verbundene Kosten. Auch die Hauptfrage,
ob das Stahlgeschäft Bestandteil von Thyssenkrupp bleibe oder nicht, stehe
weiter im Raum.

In der Sparte arbeiten derzeit rund 27 000 Menschen, davon 13 000 in
Duisburg. Bis Ende März 2026 gilt eine Beschäftigungsgarantie. "Es ist das
erklärte Ziel, betriebsbedingte Kündigungen auch weiterhin zu vermeiden", teilte
die Stahlsparte weiter mit.

"Die vorgesehenen Maßnahmen sind zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit
zwingend notwendig, um die Stahlproduktion am Standort Duisburg in eine
gesicherte Zukunft zu führen", erklärte das Unternehmen. Auch würden damit
hochwertige Arbeitsplätze langfristig gesichert und die Grundversorgung mit
Stahl für die industrielle Wertschöpfung in Deutschland widerstandsfähig
aufgestellt. Mit dem Umbau will die Stahlsparte von Thyssenkrupp ihre
Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität "signifikant" steigern.

Ziel sei es, Thyssenkrupp Steel unter anhaltend herausfordernden
Marktbedingungen zukunftsfähig aufzustellen. Kern werde eine Reduzierung der
installierten Produktionskapazitäten auf etwa 9 bis 9,5 Millionen Tonnen pro
Jahr sein. Dies entspreche etwa dem Niveau der vergangenen drei Jahre. "Die
heutige Produktionskapazität ist dagegen auf rund 11,5 Millionen Tonnen
ausgelegt." In den 11,5 Millionen Tonnen sind auch die vom Duisburger
Unternehmen HKM produzierten Stahlmengen enthalten, an dem Thyssenkrupp Steel zu
50 Prozent beteiligt ist.

Mit der geplanten Neuaufstellung reagiert das Unternehmen nach eigenen
Angaben einerseits auf die anhaltend schwache Konjunktur, aber vor allem auf
mittel- und langfristig strukturelle Veränderungen auf dem europäischen
Stahlmarkt und in entscheidenden Kunden- und Zielmärkten. Dazu gehörten vor
allem in Deutschland die hohen und durch klimapolitische Zielsetzungen weiter
steigenden Energiekosten sowie ein ungebremst steigender Importdruck,
überwiegend aus Asien.

Analyst Obst schrieb, dass das Stahlgeschäft in den vergangenen Jahren
äußerst volatil gewesen sei. In den letzten zehn Jahren habe die Sparte ein
bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern von im Schnitt mehr als 300
Millionen Euro geliefert. Jedoch reiche die Spanne von einem Verlust von 820
Millionen Euro zu Corona-Zeiten bis zu einem Gewinn von 1,2 Milliarden Euro im
Geschäftsjahr 2021/22, als die Stahlpreise durch die Decke gegangen waren.

Thyssenkrupp will die Pläne der Neuaufstellung nun weiter konkretisieren.
Anschließend will das Unternehmen sie mit der Mitbestimmung sowie den
zuständigen Gremien des Stahlbereichs beraten.

Am Umbau der Produktion in Richtung klimaneutrale Stahlerzeugung hält
Thyssenkrupp fest. "Der Bau der ersten Direktreduktionsanlage am Standort
Duisburg wird weiter wie geplant umgesetzt, mit Unterstützung durch die dafür
von Bund und Land freigegebenen Fördermittel." Auch die Zielsetzung, bis
spätestens 2045 vollständig klimaneutral zu produzieren, bleibe uneingeschränkt
bestehen.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) äußerte sich
am Freitag kritisch zu den Plänen. "Die Ankündigung der unternehmerischen
Entscheidung Thyssenkrupps, in Duisburg Überkapazitäten und damit wohl
Arbeitsplätze abzubauen, ist eine enttäuschende Nachricht - für den
Stahlstandort Deutschland und Nordrhein-Westfalen, in erster Linie aber für die
vielen Beschäftigten", sagte Neubaur am Freitag in Düsseldorf.

Der Konzern stehe vor der großen Herausforderung, gemeinsam mit den
Sozialpartnern für die Betroffenen faire und tragfähige Lösungen zu finden. Dies
gelte umso mehr, da Thyssenkrupp in den vergangenen Jahren staatliche
Unterstützung in Milliardenhöhe erhalten habe.

Global gebe es seit Jahren eine deutliche Überproduktion von Stahl, sagte
Neubaur. Diese sei jetzt auch noch gepaart mit einem Nachfragerückgang aufgrund
der weltweit eingetrübten Wirtschaftslage infolge des russischen Angriffskrieges
gegen die Ukraine. "Um sich vor dem Hintergrund dieser schwierigen globalen
Wettbewerbssituation zukunftsfähig aufzustellen, muss das Unternehmen die
klimaneutrale Transformation seiner Produktionsprozesse jetzt weiter konsequent
vorantreiben", forderte die Ministerin./tob/DP/he/nas/stw/stk

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