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dpa-AFX: Rückbau des Atommeilers Isar 2 - Langzeitprojekt hat begonnen

ESSENBACH (dpa-AFX) - Ein Jahr nach dem Atomausstieg in Deutschland hat auch
beim Meiler Isar 2 in Niederbayern der Rückbau begonnen. Noch bis Oktober 2023
hätte die Möglichkeit bestanden, die Anlage erneut anzufahren, sagte
Kraftwerksleiter Carsten Müller am Montag. Etwa ein halbes Jahr lang habe der
Betreiber PreussenElektra nach dem Abschalten bestimmte Wartungsmaßnahmen
durchgeführt für den Fall, dass die Politik nach einem Wiederanfahren der Anlage
gefragt hätte. "Wir wurden leider nicht gefragt", so Müller.

Angesichts der Energiekrise war der Betrieb ohnehin um einige Monate
verlängert worden - bis zum endgültigen Aus am 15. April 2023. Für die
Mannschaft des AKW sei kaum vorstellbar gewesen, dass es nicht doch noch einmal
weitergehen würde, sagte Müller. Deswegen habe PreussenElektra eigeninitiativ
zunächst die Möglichkeit offengehalten - also Prüfungen durchgeführt, die nicht
mehr hätten gemacht werden müssen oder Ersatzmaterialien vorgehalten, die hätten
entsorgt werden können.

Im Maschinenhaus von Block Isar 1, der seit 2017 rückgebaut wird, ist ein
Zerlegezentrum mit einer eigens angefertigten Großbandsäge errichtet worden. Die
Säge kann tonnenschwere Teile zersägen. Anschließend werden die Teile - wie zum
Beispiel Eisen, Kupfer, Aluminium - dekontaminiert, dann auf Strahlungsfreiheit
hin gemessen und recycelt.

Es verlasse kein Material das Gelände, das nicht unbedenklich sei oder die
Gesundheit gefährde. "Dafür gibt es das Strahlenschutzgesetz." Insofern sei der
Rückbau ein sehr aufwendiges Verfahren, das behördlich exakt abgestimmt werden
müsse, so Müller.

Für den Block 1 bedeutet das den Angaben nach, dass von 224 000 Tonnen
Material etwa zwei Prozent radioaktiver Abfall übrig bleiben werden. Darunter
sind schwach- und mittelradioaktive Stoffe, die in das noch nicht
fertiggestellte Endlager Schacht Konrad in Salzgitter kommen, und
hochradioaktive Abfälle, für die es noch kein Endlager gibt. Bis dahin bleiben
die Materialien am Standort Essenbach.

Etwa 450 Beschäftigte gibt es im AKW Isar 1 und 2 noch. Bis 2040 soll vom
gesamten Standort nichts mehr zu sehen sein.

Insofern gehen die stellvertretenden Bürgermeister von Essenbach und
Niederaichbach, Claus Schorn (CSU) und Jakob Sand (Freie Wähler), momentan davon
aus, dass die Folge des Atomausstiegs für die Gemeinden erst auf lange Sicht
spürbar werden dürften. Die Frage sei: "Was kommt danach?"sagte Schorn. Wichtig
sei aber zunächst, dass der Rückbau mit der gleichen Qualität und Sicherheit
erfolge wie bisher der Betrieb der Anlage.

Es biete sich eine Nachnutzung im Bereich der Energieerzeugung oder
-speicherung an, ergänzte Sand und verwies darauf, dass
schnellstmöglich das Endlager Schacht Konrad fertiggestellt werden müsse. Die
Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hatte vergangenes Jahr mitgeteilt, dass
das Ziel 2027 nicht mehr zu erreichen sei.

Während die Grünen und Umweltverbände den deutschen Atomausstieg für richtig
halten, hatten sich CSU und Freie Wähler im Freistaat bis zuletzt für eine
erneute Laufzeitverlängerung ausgesprochen. Isar 2 deckte nach Angaben des
Umweltministeriums zuletzt rund 18 Prozent der bayerischen Stromproduktion ab.

Neben dem Meiler Isar 2 waren am 15. April 2023 auch das Atomkraftwerk
Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg vom Netz
genommen worden. Der Rückbau ist Aufgabe der Betreiber. Neben Isar 1 und 2
befinden sich in Bayern auch die Kraftwerke Grafenrheinfeld und Gundremmingen
Block B und C im Rückbau./fuw/DP/he

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